22. Mai 2025
Die Problemtrance durchbrechen: Teams konstruktiv neu ausrichten

Was ist eine Problemtrance?
Milton Erickson, amerikanischer Psychiater, hat solche Trancezustände als eine sehr starke Fokussierung von Aufmerksamkeit beschrieben, die auch musterhaft und unwillkürlich eintreten kann, also von der entsprechenden Person ungesteuert. Teams und Organisationen können in entsprechende Denkmuster verfallen und sich so sehr auf ein Problem fixieren, dass schlicht keine bewusste Denkkapazität für Lösungen oder Alternativen mehr zur Verfügung steht. Von außen betrachtet entsteht dann der Eindruck einer Lähmung oder von blindem Aktionismus.
Hypnotische Sprachmuster: Wie sich Problemtrancen festigen
Nehmen wir Sätze wie:
- „Das hat noch nie funktioniert (also wird es dieses Mal auch nicht funktionieren).“ oder
- „Wir müssen das Problem noch besser verstehen, bevor wir mit der Umsetzung anfangen (obwohl wir uns beim Problemverständnis schon seit Monaten im Kreis drehen).“ oder
- „Der Wettbewerb ist einfach zu stark für uns (obwohl wir noch nicht ernsthaft versucht haben, Ideen zu entwickeln, wie wir uns entsprechend positionieren könnten).“
Sie können zu sogenannten hypnotischen Sprachmustern zu werden, die dann so lange wiederholt werden, bis sie ernsthaft geglaubt und schließlich zur Realität werden. Dann begrenzen sie Kreativität und Handlungsspielräume, ersticken Veränderungen und sind echte Motivationskiller.
Das größte Problem solcher selbsterfüllenden Prophezeiungen ist eine eingeschränkte Wahrnehmung: Die beteiligten Personen sind regelrecht blind und taub für alternative Sichtweisen und Handlungsmöglichkeiten geworden und dadurch in ihrem Muster und einem quasi hypnotischen Zustand gefangen.
Die ericksonsche Perspektive: Trance verstehen
Erickson ging davon aus, dass Menschen bereits über die Ressourcen verfügen, die sie zur Lösung ihrer Probleme benötigen. Die Schwierigkeit besteht darin, auf diese Ressourcen zuzugreifen. In einer Problemtrance werden sie durch eine starke und festgefahrene Fokussierung verdeckt. Um auf die Lösungsressourcen zugreifen zu können, muss sie entspannt und das Muster unterbrochen werden.
Strategien zur Musterunterbrechung: Teams neu ausrichten
Können wir Teams „enthypnotisieren“? Absolut. Und es ist gar nicht so kompliziert. Es funktioniert mit strategischen Interventionen, die eingefahrene Muster bewusst stören und den Fokus der Beteiligten kontinuierlich verschieben – weg vom Problem, hin zu Lösungsmöglichkeiten und Handlungsspielräumen. Sie können beispielsweise folgendes versuchen:
- Musterunterbrechung: Nutzen Sie unerwartete Fragen, formulieren Sie Probleme neu und hinterfragen Sie bestehende Annahmen. Anstatt beispielsweise zu fragen: „Warum passiert das?“, fragen Sie: „Wie würde es aussehen, wenn das Problem gar nicht bestehen würde?“.
- Ressourcenaktivierung: Helfen Sie den Beteiligten, ihre vorhandenen Stärken und bisherigen Erfolge zu erkennen, sogenannte positive Referenzerlebnisse. Suchen Sie nach Zeiten, in denen ähnliche Herausforderungen gemeistert wurden, und überlegen Sie gemeinsam, wie diese Erfahrungen als Ressourcen zur Lösung der aktuellen Situation genutzt werden können.
- Zukunftsorientierung: Erarbeiten Sie gemeinsam ein Zielbild als Alternative zur aktuellen problemorientierten Situation. Versuchen Sie dieses Bild mit allen Sinnen greifbar zu machen. Wie fühlt es sich an, wenn das Problem gelöst ist? Was machen wir dann? Ist das Zukunftsbild für die Beteiligten attraktiv genug, kann es zum handlungsleitenden Ziel werden und die Problemfixierung aufweichen.
- Fokusverschiebung: Nutzen Sie jedes Gespräch, jede Interaktion als Gelegenheit, die Sprache und den Fokus subtil in Richtung Lösung zu verschieben.
In meiner Arbeit als Coach und Berater nutze ich alle vier Arten der Intervention, um Problemfixierungen zu beheben. Und ich mag an ihnen, dass sie sich jeweils sehr flexibel einsetzen und ausgestalten lassen. Doch eine Herausforderung in diesem Prozess möchte ich Ihnen nicht verschweigen: Wenn Sie nicht bei sich selbst bleiben und das Ziel, die Trance zu lösen, fest im Blick behalten, können Sie zum Teil des Problems werden.
Vermeiden Sie die Falle der Problemtrance
Wenn eine Problemtrance aufgelöst werden soll, sollte mit den Beteiligten nicht zu ausführlich über das Problem inhaltlich gesprochen werden. Aus Beratungssicht geht es schließlich in erster Linie um eine Fokusverschiebung. Das kann sich für Beratende zunächst kontraintuitiv oder sogar falsch anfühlen. Immerhin haben wir in anderen Kontexten gelernt, dass man ein Problem zunächst umfassend verstehen sollte, bevor man es versucht zu lösen. Vielleicht hilft es Ihnen, sich dann bewusst zu machen, dass das vorrangige Problem die Trance und nicht der von Beteiligten geschilderte Probleminhalt ist.
Wenn Sie sich zu stark auf den Probleminhalt einlassen, kann passieren, dass Sie einerseits die Beteiligten in ihrer Problemtrance halten und Sie sich andererseits von der Problemtrance anstecken lassen. In diesem Fall werden Sie Teil des Problems und Ihre Aufgabe wird sehr viel schwieriger.
Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Haben Sie bei sich selbst oder in Ihrer Organisation eine „Problemtrance“ erlebt? Welche Strategien haben sich bei Ihnen als wirksam erwiesen, um zu einer lösungsorientierten Denkweise umzusteuern? Schreiben Sie mir gern!