05. Juli 2024
AccsoCon 2024 – People Business
Bar Schwartz: Learning for Agile from Extreme Crisis
Bar Schwartz beschrieb die Maßnahmen, nach dem Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 ergriffen wurden, als Beispiel für eine extreme Krise: Eine Support-Hotline wurde eingerichtet, um verlässliche Informationen über die Situation sowie praktische Unterstützung für die daraus resultierenden Schwierigkeiten zu bieten. Die Support-Hotlinebegann lokal, wurde global erweitert, war ausgerichtet auf direkte Unterstützung und bot einen Raum für Diskussionen.
In einer Welt, die von mannigfachen Krisen dominiert wird – wirtschaftliche Veränderungen, Klimawandel, digitaler Zukunft, Pandemie und ein Kampf um Talente als Zukunft der Arbeit – sollten wir überlegen, was wir aus den instinktiven Reaktionen in dieser schrecklichen Krise lernen können.
In unserer täglichen Arbeit begegnen uns vergleichbare Herausforderungen: Wie wir klare und prägnante Informationen bereitstellen, wie wir schnell und dennoch genau entscheiden, wie wir unsere Kollegen und Kunden unterstützen können.
Zentrale Kommunikationskanäle sollten bereitgestellt werden, um klare, konsistente und zeitnahe Informationen zu liefern. Sie sollten auf Team- oder Abteilungsebene gestartet und dann organisationsweit (z.B. Intranet) ausgeweitet werden, mit einem Fokus auf direkte Unterstützung und ergänzt durch einen Raum für Diskussionen.
Zentrale Entscheidungen sind jedoch in einer Krise ein zweischneidiges Schwert: Während sie auf Entscheidungsebene effektiv sind, ist es schwierig, alle Betroffenen einzubinden. Daher sollten die Entscheidungen an die Personen delegiert werden, die am meisten involviert sind und von ihrem Erfahrungsniveau abhängen.
Andererseits sollten verschiedene Unterstützungsangebote bereitgestellt werden, um individuelle Bedürfnisse zu adressieren: Ansprechpartner für Therapie oder Coaching, Kurse fürhilfreiche Unterstützungsgespräche, Vertrauenspersonen innerhalb des Unternehmens.
Zusammengefasst: Global denken, lokal handeln, jede Stimme hören!
Manuel Pais: Playing Tetris with Cognitive Load
Statistiken zeigen eine alarmierende Tendenz zu kognitiver Überlastung und daraus resultierendem mentalen Stress bei Mitarbeitenden in agilen Teams. Daher ist es von großer Bedeutung, die Belastung zu verringern. Wir schlagen vor, Strategien aus dem Spiel Tetris als Ausgangspunkt zu verwenden.
Der erste wichtige Punkt ist es, eine klare Team-Mission zu haben. Ein Team ohne stabile Mission lässt sich treiben. Auch in größeren Gruppenist es wichtig, eine Mission für mehrere zusammenarbeitende Teams zu haben. Diese Gruppen sollten entlang von Wertströmen ausgerichtet sein. Weitere Informationen zu den zugrunde liegenden Teamstrukturen finden sich auf der Website https://github.com/teamtopologies. Dort gibt es auch Richtlinien zur Identifizierung von Wertströmen und Domänengrenzen, die Independent Service Heuristics (ISH). Die Größe einer Gruppe aus mehreren Teams sollte idealerweise auf die Dunbar-Zahl, also zwischen 100 und 200 Personen, begrenzt sein.
Die kognitive Belastung eines Teams wird als die gesamte mentale Anstrengung definiert, die ein Team aufbringen muss. Sie wird von mehreren Faktoren beeinflusst: Intrinsische Faktoren wie die Fähigkeiten der Teammitglieder, die Arbeitsumgebung als äußerer Faktor und der Domänenfokus als ein relevanter Faktor.
Der erste Schritt zur Beherrschung der kognitiven Belastung besteht darin, diese unter Berücksichtigung von Team- und Arbeitsmerkmalen, Arbeitspraktiken und -prozessen sowie der Arbeitsumgebung und -werkzeuge zu bewerten. Auf der Website https://github.com/teamtopologies findet sich auch ein Tool zur Bewertung der kognitiven Belastung von Teams.
Die Größe von Softwareservices oder -produkten sollte auf die kognitive Belastung begrenzt sein, die ein Team bewältigen kann, d.h. die Fähigkeiten eines Teams sind entscheidend für die Definition von Software- oder Subsystemgrenzen.
Die Definition adäquater Teamtopologien und grundlegender Topologien ist der nächste Schritt zur Reduzierung der kognitiven Belastung eines Teams. Eine Kombination aus universellen und Plattform-Teams ist der effektivste Weg, um die kognitive Belastung in einer größeren Gruppe zu bewältigen. Teams, die Subsysteme mit spezialisiertem Fachwissen entwickeln, sollten auf ein Minimum beschränkt werden.
Die Art der Interaktion zwischen Teams ist ebenfalls wichtig und sollte sorgfältig ausgewertet werden. Die drei Kerninteraktionsmodi sind Kollaboration, Software-as-a-Service und Bereitstellung, was in unterschiedlichen Abhängigkeitsgraden resultiert.
Durch die Anwendung dieser Techniken kann die kognitive Überlastung von Teams erfolgreich gemanagt werden.
Gabriel Opoku: Hands-on Workshop: Team Dynamics
Nicht nur klassische Talks standen auf dem Programm. Für Abwechslung sorgte ein Workshop.
Im Workshop von Gabriel Opoku wurden die charakteristischen Merkmale der Teamarbeit anhand des Beispiels der Entwicklung einer App, die Menschen beim Einschlafen hilft, erlebbar gemacht. Ein klares Ziel oder eine Vision ist dabei essenziell. Es ist wichtig, einen sicheren Raum für die Teams zu schaffen und Autonomie zu fördern, Ressourcen und notwendige Unterstützung bereitzustellen, Zusammenarbeit zu fördern, die Arbeit anzuerkennen, das Team durch Feedback zu stärken und mit gutem Beispiel voranzugehen.
Taktiken zur Erreichung dieses Ziels:
- Icebreaker-Aktivitäten: Die erste Aufgabe bestand darin, sich auf einen Namen für das Team zu einigen. Während dieser Diskussion lernten wir unsere Teammitglieder besser kennen.
- Gruppendiskussionen: In einer entspannten und freundlichen Atmosphäre konnten wir einige Designideen für unsere geplante App entwickeln.
- Interaktive Sitzungen: Die Interaktion mit potenziellen Kunden wurde durch den echten Gabriel und einen KI-generierten Doppelgänger simuliert.
- Feedback-Schleifen: Das Feedback war eine verfeinerte Aufgabenstellung, nämlich eine App zu entwerfen, die speziell auf das Luxussegment zugeschnitten ist.
- Ermächtigung: Das notwendige Material für Diskussionen und Brainstorming wurde in Form von Whiteboards, Stiften und Papier bereitgestellt.
- Reflexion und Aktionspläne: Einige Teams präsentierten schließlich ihre Ideen im Plenum.
Je nach Team wurden am Ende sehr unterschiedliche Ideen vorgeschlagen: Einige konzentrierten sich darauf, wie man das Einschlafen am besten fördern könnte, andere auf extravagantere Funktionen, und wieder andere hatten viele Ideen dazu, wie man Kunden für verschiedene Dienstleistungen bezahlen lassen könnte.
Sebastian Wolf: Arbeiten im komplexen und dynamischen Umfeld – geht das auch gesund?
Durch die Arbeit am Computer sind in diesem Jahrhundert vermehrt Probleme mit erhöhtem Blutdruck, orthopädische Beschwerden wie Rückenschmerzen und Erschöpfungskrankheiten wie Burn-Out oder Tinnitus aufgetreten.
Sebastian Wolf stellte sich daher die Frage: Wie können wir die Arbeit so gestalten, dass die Gesundheit nicht darunter leidet?
Zwei Faktoren sind relevant für erhöhten Blutdruck: Zum einen das Alter, zum anderen der Ärger über Technik oder Mitmenschen. Von diesen Faktoren können wir den Ärger beeinflussen, indem wir einerseits die notwendige Kompetenz aufbauen, um die Technik zu beherrschen und andererseits in einem kongenialen Arbeitsumfeld arbeiten, um den Ärger über die Mitmenschen zu minimieren.
Auch orthopädischen Beschwerden wie Rückenschmerzen durch zu langes Sitzen können wir entgegenwirken: Höhenverstellbare Tische ermöglichen den raschen Wechsel zwischen Sitzen und Stehen und sorgen durch die Abwechslung für die Entlastung der Wirbelsäule. Leider stellt sich beim Surfen im Internet auch eine gewisse Gier nach immer neuen Informationen oder Bildern ein, der dazu führen kann, zu lange in einer Position zu verharren.
In gewissem Umfang können wir auch die Faktoren für Burnout beeinflussen. Dabei handelt es sich um fünf Lebensbereiche, die sogenannten BAFÖG-Bereiche:
- Beziehungen
- Arbeiten (Beruf, Haushalt, Einkauf)
- Finanzen
- Örtlichkeit
- Gesundheit
Wichtige Möglichkeiten zur Einflussnahme bestehen darin, möglichst wenige schlechte Beziehungen zu pflegen, einen Arbeitsplatz gemäß den eigenen Bedürfnissen zu suchen und auf seine Gesundheit zu achten. Insbesondere ist es ratsam, nicht gegen seinen Biorhythmus zu arbeiten. Auch ein gelegentlicher Powernap kann viel zur Vermeidung von Erschöpfungszuständen beitragen.
Niels Van Quaquebeke: Das Now, New, Next von KI in organisationaler Führung
Wie kann KI in der Führung einer Organisation unterstützen?
Anhand eines aktuellen Beispiels einer Bekleidungsfirma zeigte Niels van Quaquebeke zum Abschluss des Tages, wie KI im Management erfolgreich eingesetzt werden kann. Stellen im mittleren und unteren Management wurden abgebaut und durch eine App ersetzt, die den Mitarbeitenden die anstehende Arbeit aufzeigt. Diese App wird gut angenommen, weil die Mitarbeitenden dadurch mehr Überblick über die Arbeit haben, die Teamarbeit besser organisieren können und durch die algorithmische Zuteilung der Aufgaben mehr Fairness erfahren.
Lassen sich die Erkenntnisse aus diesem Beispiel erweitern in andere Bereiche? Können wesentliche menschliche Bedürfnisse aus der Motivationstheorie wie Autonomie, Kompetenz und Verbundenheit durch KI vermittelt werden?
Anhand von Kompetenzprofilen der Mitarbeitenden kann eine KI passende Aufgaben vorschlagen und proaktive Vorschläge zur Arbeitsthematik machen.
In der Interaktion mit Chatbots haben Untersuchungen ergeben, dass eine KI empathischer als echte Menschen bewertet wird. Dadurch kann ein Gefühl der Verbundenheit verstärkt werden. Problematisch dabei ist, dass die Bewertung davon abhängt, ob man weiß, ob man mit einer KI oder einem Menschen spricht. Weiß die Versuchsperson jedoch, dass sie mit einer KI spricht, wird die Interaktion mit dem Chatbot schlechter bewertet.
Anhand begrenzter Personalressourcen und fehlender Führungskräfte wird voraussichtlich der Einsatz von KI auch für Führungsaufgaben erweitert werden. Firmen können diese Möglichkeit zur Steigerung der Produktivität nicht außer Acht lassen. Menschen können sich dadurch in ihren Führungsaufgaben auf Zielsetzung und Leitlinien für die Firma konzentrieren und Aufgaben wie das Ausarbeiten von detaillierten Arbeitsanweisungenoder Dokumentation KI-gestützt sehr viel effektiver durchführen.