19. Dez. 2024
Schon wieder passiert?!: Unabsichtliche Konkurrenz (Teil 6)
Was sind systemische Muster?
Systemische Muster (oder auch Systems Archetypes) gehen auf den Organisationsentwickler und MIT-Professor Peter Senge zurück. Sie beschreiben häufig beobachtetes Verhalten, das sich auf verschiedenste Kontexte übertragen lässt.
Das Besondere daran: Die Beschreibungen machen Struktur und Dynamik dieser Teufelskreise sichtbar. Dadurch lässt sich nicht nur besser verstehen, wie ein wiederholtes Verhalten zustande kommt, sondern auch wie es sich über Zeit verhält und verändern lässt.
Accidental Adversaries: Das Muster, das aus Partnern Konkurrenten macht
„Accidental Adversaries“ beschreibt eine Situation, in der ursprünglich kooperierende Akteure, die dasselbe Ziel verfolgen, ungewollt zu Konkurrenten werden. Durch Missverständnisse oder suboptimale Entscheidungen schaden sie sich gegenseitig, obwohl sie voneinander profitieren könnten.
Ein konkretes Beispiel für unabsichtliche Konkurrenz
Zwei Abteilungen in einem Unternehmen arbeiten an einem gemeinsamen Kundenprojekt. Durch mangelnde Kommunikation und fehlende Abstimmung treten jedoch Konflikte auf, und jede Abteilung beginnt, ihre eigenen Interessen in den Vordergrund zu stellen. Die Folge sind Verzögerungen und unzufriedene Kunden.
Wie passiert das?
In einem Accidental Adversaries-Szenario arbeiten zwei Akteure kooperativ auf die gleichen Ziele hin. In dieser Zusammenarbeit entstehen 3 Dynamiken, die zusammen das systemische Muster ergeben:
- Durch die Zusammenarbeit und die gemeinsamen Ziele richten die Akteure ihre Handlungen so aus, dass der Erfolg der einen Partei sich positiv auf Tätigkeit und den Erfolg der jeweils anderen Partei auswirkt.
- Beide Akteure ergreifen auch individuelle Maßnahmen, um sich zu verbessern und erfolgreich zu sein, im Sinne der gemeinsamen Ziele.
- Maßnahmen des einen Akteurs, zur Verbesserung der eigenen Ergebnisse, behindern unbeabsichtigt den Erfolg des anderen Akteurs. Folglich verstärkt dieser die individuellen Verbesserungsmaßnahmen, die ebenso und unbeabsichtigt den Erfolg des ersten Akteurs einschränken. Daraufhin versucht dieser erste Akteur durch eigene Maßnahmen, seinen Erfolg zu verbessern und hindert dadurch den Erfolg des Zweiten. Ein Teufelskreis ist geboren.
Unmoderiert verschiebt sich so und über Zeit der Fokus: Die Akteure konzentrieren sich stärker auf sich selbst als auf die Zusammenarbeit. Aus Partnern sind unbeabsichtigt Konkurrenten geworden.
Das systemische Muster ist auch bei mehr als zwei Akteuren gültig. Die Wechselwirkungen zwischen den Handlungen der Beteiligten werden dann zunehmend schwer überschaubar.
Wie lässt sich das Muster durchbrechen?
Dieses Muster beschreibt in erster Linie einen Konflikt, der durch ein Kommunikationsproblem entstanden ist: Die Beteiligten wollen beide das Beste für ein gemeinsames Ziel und versuchen, ihr Handeln in diesem Sinne zu verbessern. Durch einen Mangel an Absprache bemerken sie zu spät, dass sie sich teilweise gegenseitig aushebeln. Und darin liegt die Lösung: in einer kontinuierlichen Kommunikation zwischen beteiligten Akteuren.
Wenn Sie das Risiko für ein Accidental Adversaries-Szenario reduzieren möchten, können Sie klare und verbindliche Kommunikations- und Kooperationsrichtlinien für team- oder abteilungsübergreifende Projekte etablieren. Außerdem helfen gemeinsam genutzte Projektmanagement-Tools dabei, Transparenz über Aufgaben- und Arbeitsverteilung herzustellen. Zusammen mit übergreifenden Meetings, in denen gemeinsam über die jeweils geplanten Initiativen gesprochen wird, können so mögliche Blockierungen oder Doppelarbeiten frühzeitig erkannt und ausgeräumt werden. Das sind Maßnahmen, die sich in vielen agilen Vorgehensmodellen als Standard vorfinden.
Ist eine unabsichtliche Konkurrenz zweier Akteure bereits entstanden, gilt es vorrangig, das gemeinsame Ziel wieder zu verankern. Dies können Sie über entsprechende Visionsarbeit oder auch über gemeinsame Anreizmechanismen erreichen.
Wenn Sie kurz darüber nachdenken: Sind Sie schon einmal in eine solche unabsichtliche Konkurrenzsituation geraten? Welche Konsequenzen haben Sie dabei erlebt? Und wie wurde die Situation aufgelöst?